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(Pharmakologisches Institut der Universität Bern und Department of Pharmacology, Harvard Medical School Boston)
Sonderabdruck:
Verhandlungen des Schweizerischen Vereins der Physiologen und Pharmakologen
43. Tagung in Zürich am 21. November 1953
Helv. Physiol. Acta 11, C 77-C 78 (1953)
P. N. Witt (Bern): Beeinflussung der Yeratridinwirkung am Skelettmuskel des Frosches.
Das Alkaloid Yeratridin Chlor hydrat IO“7 in Ringer bewirkt bei Zimmertemperatur am alle zwei Minuten direkt gereizten Skelettmuskel des Frosches eine reproduzierbare «Veratridinzuckung». Diese Zuckung ist charakterisiert durch eine zweigipflige Spannungskurye mit verlangsamter Erschlaffung der zweiten Kontraktion. Um herauszufinden, welche Eigenschaften die zweite, für die Yeratridinwirkung charakteristische Spannungsentwicklung von der ersten Zuckung unterscheiden, wurde versucht, die beiden pharmakologisch zu trennen.
An einem auf 100 Fasern reduzierten Froschsartoriusmuskel wurde die Spannungsentwicklung mit einem Grass-Straingauge-Tintenschreiber annähernd isometrisch registriert.
Erstens wurde die Beteiligung der Nervenendplatte an der Yeratridin-zuckung untersucht. Der Muskel wurde abwechselnd direkt und indirekt gereizt. Curare sowohl als auch Decamethonium veränderten die Yeratridin-zuckung nicht in einer Konzentration, in der sie die Überleitung des Reizes vom Nerven zum Muskel blockierten.
Zweitens wurden Substanzen untersucht, welche ausschließlich den zweiten Teil der Yeratridinzuckung apgreifen: Yeratramin 10“5, Strophanthin k 3 X10“6, Chinin und Chinidin 10“5 bringen die zweite Spannungsentwicklung zum Yerschwinden, ohne die erste Zuckung zu vermindern. Die zweite Kontraktion verschwindet nicht augenblicklich, sondern wird allmählich niedriger. Die Spannungsverminderung ist teils darauf zurückzuführen, daß weniger Fasern die Yeratridinzuckung mitmachen, teils darauf, daß die zweite Spannungsentwicklung in einzelnen Fasern nach und nach abnimmt. Letzteres wurde dadurch wahrscheinlich gemacht, daß auch an weiter reduzierten Muskelfaserpräparaten (6 Fasern) die Wirkung sich allmählich entwickelte und daß die elektrische Registrierung der Nachpotentiale oft eine Verminderung der Frequenz vor ihrem völligen Yerschwinden zeigte.
Die Antiveratridinwirkung des Yeratramins kann beeinflußt werden: 1. der Wirkungseintritt wird durch Reduktion der Muskelgröße von durchschnittlich 26 Minuten am ganzen Muskel zu 8,3 Minuten am 100-Faser-Präparat beschleunigt; 2. nach Herabsetzen der Temperatur um 20° C muß die Veratridinkonzentration verhundertfacht werden, um dieselbe Zuckung zu erreichen, die wirksame Yeratraminkonzentration ändert sich dagegen nicht; 3. weitere Erhöhung der Yeratridin- oder Yeratraminkonzentration führt zur Verkleinerung der ganzen zweigipfeligen Zuckung.
Verhandlungen
Drittens wurde der Einfluß von Substanzen untersucht, die in den Muskel-stoffwechsel eingreifen: Sauerstoffmangel (in Stickstoffatmosphäre oder durch NaCN-Vergiftung), Dinitrophenol 10“8 und Jodessigsäure KT4 vermindern beide Teile der Veratridinzuckung gleichzeitig. Hier wird also wohl die Fähigkeit des Muskels, zu zucken, nicht aber die YeratridinWirkung ange
griffen. Über Acethylcholin und Cholinesterasehemmer liegen keine eigenen Versuche vor. Die Angaben in der Literatur (Grupp 1951, Sandow-Kiebel 1952) widersprechen sich.
Viertens wurde das elektrische Verhalten einer Faser mit einer intracellulären Mikroelektröde über Kathodenfolger, Gleichspannungsverstärker, Oscillograph mit einer Kamera gleichzeitig mit der Spannung registriert. Es sollte festgestellt werden, ob sich die charakteristischen elektrischen Erscheinungen der Veratridinzuckung gleichzeitig mit der Spannung verändern, wenn Substanzen einwirken. Die verwendete Technik der Spannungsregistrierung von mehreren Fasern erlaubt keine endgültigen Aussagen. Es bestand immerhin in beinahe allen Fällen eine auffallende Parallelität zwischen Anstiegssteilheit und Höhe der Spannungsentwicklung des zweiten Teiles der Veratridinzuckung einerseits und Beginn und Frequenz der Nachentladungen anderseits in dem Sinne, daß steilerer Spannungsanstieg zusammen mit früher beginnenden und frequenteren Nachentladungen beobachtet wurden.
Literatur siehe bei Krayer 0. and Acheson G. H.: Physiol. Rev. 26, 381 (1946); Grupp M.: Arch, exper. Path. u. Pharmakol. 212, 221 (1951); Sandow A. and Kiebel G.: Amer. J. Physiol. 169, 649 (1952).