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i mai 1956
ARCHIVES INTERNATIONALES
DE
Pharmacodynamie et de Thérapie
FONDÉES PAR E. GLEY, Paris, et J. F. HEYMANS, Gand.
PUBLIÉES PAR
C. HEYMANS, Gand, éditeur.
U.-G. BIJLSMA, Utrecht.
J. H. BURN, Oxford.
R. HAZARD, Paris.
G. LILJESTRAND, Stockholm.
P. Di MATTEI, Rome.
H. MOLITOR, Rahway.
D. W. RICHARDS, Jr., New York.
E. ROTHLIN, Bale.
AVEC LA COLLABORATION DE
M. Aiazzi Mancini, Florence; H. H. Anderson, San Francisco; S. Anitchov, Leningrad; R. B. Arora, Jaipur; E. Barany, Upsala; Z. Bacq, Liége; E. Beccari, Turin; D. Bennati, Montevideo; J. Bordet, Bruxelles; B. C. Bose, Indore; J. J. Bouckaert, Gand; J. P. Bouckaert, Louvain; D. Bovet, Rome; E. M. Boyd, Kingston; F. Bremer, Bruxelles; F. Brücke, Vienne; R. Bruynoghe, Louvain; K. Bucher, Bäle; K. K. Chen, Indianapolis; J. Cheymol, Paris; V. H. Cicardo, Buenos Aires; Ch. E. Corbett, Sao Paulo; H. H. Dale, Londres; M. J. Dallemagne, Liege; L. Dautrebande, Bruxelles; G Dawes, Oxford; S. E. de Jongh, Leiden; J. M. Dille, Seattle; R. Domenjoz, Bale; L. Donatelli, Naples; N. K. Dutta, Bombay; G. A. Emerson, Galveston; V. Erspamer, Bari; U. S. v, Euler, Stockholm; J. K. W. Ferguson, Toronto; H. Fredericq, Liege; Ed, Frommel, Genéve; J. H. Gaarenstroom, Groningen; E. M. K. Geiling, Chicago; E. Gellhorn, Minneapolis; P. Gengoux, Cureghem-Bruxelles; J. Giroux, Montpellier; P. Gley, Paris; L. S. Goodman, Salt Lake City; T. Gordonoff, Berne; A. Grevenstuk, Batavia; J. A. Gunn, Oxford; B. N. Halpern, Paris; H. Hermann, Lyon; W. Heubner, Berlin; W. R. Hess, Zurich; J. P. Hoet, Louvain; P. Holtz, Frankfurt a. M.; B. A. Houssay, Buenos Aires; B. Issekutz, Budapest; J. Jacob, Paris; A. Jarisch, Innsbruck; G. Joachimoglu, Athénes; F. Jourdan, Lyon; L. N. Katz, Chicago; A. Knoppers, Rahway; Th. Koppanyi, Washington; O. Krayer, Boston; J. La Barre, Bruxelles; Chauncey D. Leake, Columbus; L. Lendle, Göttingen; O. Loewi, New York; A. Loubatiéres, Montpellier; G. Ludany, Budapest; P. Mascherpa, Pavie; D. I. Macht, Baltimore; A. S. Marrazzi, Army Chemical Center; L. Massart, Gand; F. Mercier, Marseille; K. Mezey, Bogota; K. O. Möller, Copenhague; G. Moruzzi, Pise; P. Niccolini, Pise; G. Peeters, Gand; E. Pick, New York; R. K. Richards, North Chicago; A. F. Richardson, Emory University; J. Roskam, Liege; G. B. Roth, Washington; A. Ruyssen, Gand; P. Rylanst, Bruxelles; C. F. Schmidt, Philadelphia; M. H. Seevers, Ann Arbor; J. A. Shannon, Bethesda; A. Simonart, Louvain T. Sollmann, Cleveland; L. C. Soula, Paris; M. L. Tainter, Albany; C, H. Thienes, Los Angeles; L. Tocco, Palerne; E. Trabucchi, Milan; B. Uvnas, Stockholm; F. G. Valdecasas, Barcelone; G. Valette, Paris; H. B. van Dycke, New York; G. Vinci, Messine; R. P» Walton, Charleston; M. Wierzuchowski, Lodz; W. Wilbrandt, Berne;
C. V. Winder, Detroit.
Publiées avec le concours de la Fondation Universitaire de Belgique et du Gouvernement Beige.
VOLUME CVI, FASCICULE III
DIE WIRKUNG AKUTER UND CHRONISCHER KOHLENOXYD- UND KOHLENDIOXYD-VERGIFTUNG AUF DIE SPINNE ZILLA-X-NOTATA CL. UND IHREN NETZBAU
VON
Felix EPELBAUM
(Arch* int* Pharmacodyn*) Secretariat de la Redaction 3, Albert Baertsoenkaai GAND
Office International de Librairie 30, Avenue Marnix BRUXELLES
1956
The “ Archives ” publish original experimental papers in the domain of pharmacology and therapy in Dutch, English, French, German, Italian or Spanish.
Manuscripts must be typewritten. Preliminary papers must be mentioned in a footnote of the first page of the complete paper. A summary of the conclusions should close the paper. References to cited papers should appear in a list of references at the end of the article and not in footnotes. Bibliographies requires in the order given : name and initials of author, journal, year, volume, initial page.
Illustrations and tables should be restricted to the minimum necessary. The same data should not be duplicated in graphs and tables.
The author receives 50 reprints, a larger number may be ordered, while sending the manuscript or the proofs.
Manuscripts should be send to: Prof. Dr. C. Heymans, Pharmacologisch Instituut, 3, Albert Baertsoenkaai, Ghent (Belgium).
Four numbers of the Archives are issued per volume of about 500 pages.
The subscription price per volume is 450,- belgian francs, postage inclusive.
Subscriptions par volume should be send to the Secretary of the Editorial Board, 3, Albert Baertsoenkaai, Ghent (Belgium) or to any bookseller.
Das „Archiv“ veröffentlicht Originalarbeiten experimenteller Art in deutscher englischer, französischer, italienischer, niederländischer oder spanischer Sprache
Die Manuskripte müssen mit der Maschine geschrieben sein und in endgültiger Form abgeliefert werden. Wenn eine vorläufige Mitteilung erschienen war, muss dies als Fussnote auf der ersten Seite der ausführlichen Arbeit angemerkt werden.
Am Schluss jeder Arbeit muss eine kurze Zusammenfassung der Resultate erscheinen. Literaturzitate werden am Ende der Arbeit unter der Rubrik „Schrifttum“ zusammengefasst und nicht als Fussnoten auf jeder Seite abgedruckt. Jedes Literaturzitat umfasst in der hier angegebenen Reihenfolge : Namen und Vornamen (in Anfangsbuchstaben) des Verfassers, abgekürzter Titel der Zeitschrift, Jahr des Erscheinens, Band (im Manuskript zu unterstreichen) und Seite.
Die Zahl der Abbildungen (Kurven) und der Tabellen muss auf das unerlässliche Mindestmass eingeschränkt werden.
Dieselben Befunde dürfen nicht zweimal, d.h. sowohl in Form von Tabellen, als auch in Form von Kurven, veröffentlicht werden.
Die Autoren erhalten fünfzig Sonderdrucke mit Umschlag gratis; eine grössere Anzahl Sonderdrucke kann bei der Redaktion gelegentlich der Einsendung des Manuskriptes oder der Korrekturen angefordert werden.
Die Manuskripte sind zu senden an: Prof. Dr. C. Heymans, Pharmacologisch Instituut, 3, Albert Baertsoenkaai, Gent (Belgien).
Vier Hefte des Archives bilden einen Band von ungefähr 500 Druckseiten. Der Preis des Bandes beträgt, einschliesslich Versandspesen, 450 belg. Franken.
Bestellungen per Band werden beim Sekretariat der Redaktion, 3, Albert Baertsoenkaai, Gent (Belgien) oder bei Buchhändlern angenommen.
Arch. int. pharmacodyn., 1956, CVI, No 3.
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AUS DEM PHARMAKOLOGISCHEN INSTITUT DER UNIVERSITÄT HERN
DIE WIRKUNG AKUTER UND CHRONISCHER KOHLENOXYD- UND KOHLENDIOXYD-VERGIFTUNG AUF DIE SPINNE ZILLA-X-NOTATA CL. UND IHREN NETZBAU
With Summary
VON
Felix EPELBAUM
(Eingegangen am 1-10-1955.J
Einleitung
Immer wieder wurden eigenartige Wirkungen von Kohlenoxyd auf das Zentralnervensystem (ZNS) beschrieben, wobei sowohl die anatomisch — histologische Struktur als auch die Funktion als gestört gezeigt werden konnten (i). Der Wirkungsrnechanismus;;ist umstritten, weitgehend unbekannt. Beim Wirbeltier geht das Kohlenoxyd eine relativ feste Bindung mit dem Haemoglobin ein, besetzt dadurch den Platz, der für den Sauerstofftransport vom respiratorischen Epithel der Lunge zum Gewebe notwendig ist und führt so zu einem Sauerstoffmangel im Gewebe. Bekanntlich ist nun das ZNS gegen Sauerstoffmangel besonders empfindlich. Eine Frage, die sich die verschiedenen Untersucher immer wieder vorgelegt haben, lautet nun, ob der durch Kohlenoxyd im Gewebe hervorgerufene Sauerstoffmangel die Erklärung für alle beobachteten Wirkungen des Gases sein kann.
Es kann kein Zweifel bestehen, dass Kohlenoxyd auch zu anderen biologischen Substraten als dem Haemoglobin eine Affinität hat (Myoglobin, Cytochrom etc. (2) und deren physiologische Funktionen zu beeinträchtigen vermag. Dies konnte sowohl am Modell isolierter Fermentsysteme als auch an Bakterien und Pflanzen gezeigt werden (1), die ja kein Haemoglobin und keinen Kreislauf besitzen. Sogar der isolierte Nerv ist empfindlicher für Kohlenoxyd als für Stickstoff (3), was zeigt, dass nicht nur das Fehlen des Sauerstoffs, sondern eine dem Kohlenoxyd eigentümliche Wirkung direkt die hier beobachtete Potentialerniedrigung bewirkt. Ausführliche Literaturangaben zu diesem
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Thema finden sich in dem Übersichtsartikel über Kohlenmonoxyd von Lilienthal (i), und der Verfasser kommt zu der Auffassung, dass die Kohlenoxydwirkung wahrscheinlich mehr als eine blosse Anoxaemie-wirkung ist.
Die Kohlenoxydvergiftung hat auch eine eminent praktische Bedeutung, ist doch das Leuchtgas durch seinen Kohlenoxydgehalt die Ursache vieler Vergiftungsfälle, häufig mit tödlichem Ausgang. Es ist nicht sicher, ob die experimentelle Kohlenoxydvergiftung und die Leuchtgasvergiftung ganz gleich gesetzt werden können (1), und so sollte eine experimentelle Versuchsanordnung, die dem Leuchtgas eigentümlichen Vergiftungsbilder reproduzieren will, nicht mit reinem Kohlenmonoxyd arbeiten. Dies, die Vergleichbarkeit mit der Praxis der Leuchtgasvergiftung und technische Schwierigkeiten beim Arbeiten mit reinem Kohlonmonoxyd waren die Gründe, die mich zur Verwendung von Leuchtgas bei meinen Versuchen bewogen haben.
Eine Schädigung durch Leuchtgas kann aber nicht nur nach einmaligem Einatmen einer massiven Dosis entstehen, sondern gerade sogenannte chronische Vergiftungen mit niederen Dosen, die über lange Zeit mit Unterbrechungen eingeatmet wurden, spielen eine wichtige Rolle in der Gewerbehygiene. Hierbei ist sowohl die Verschiedenheit von akuter und chronischer Vergiftung, als auch die Existen einer sogenannten chronischen Vergiftung mit Änderung der Toleranz umstritten.
Ellinger (5) nimmt in einem Gutachten Stellung gegen die Existenz einer chronischen Kohlenoxydvergiftung, nachdem er zuerst durch klare Definitionen den Unterschied zwischen den Begriffen akute und chronische Vergiftung herausgearbeitet hat. Starkenstein (6) erörtert die Möglichkeiten, ohne eigene Stellungnahme. Fühner (7) spricht nur von einer wiederholten akuten Vergiftung, die auf die Dauer in ihrer Schwere sogar nachlässt, sodass mit Recht eher von einer gewissen Gewöhnung gesprochen werden sollte. Moeschlin (8) spricht von einer chronischen Kohlenoxydvergiftung, die er mit 2 selbstbeobachteten Fällen und einigen Literaturangaben nicht überzeugend belegt. Baader (9) nimmt die Existenz einer chronischen Kohlenoxydvergiftung als selbstverständlich an. Gordonoff (io) scheint mir auf den Kern des Problems zu deuten, wenn er in einem Gutachten die zum Beweis der Vergiftung immer wieder angeführten subjektiven Symptome als leicht anders erklärbar herausschält. Petry (4), der in seinem Buch über die chronische Kohlenoxydvergiftung viel Material über Leuchtgasvergiftungen am Menschen aus eigener Erfahrung und aus der Literatu-zusammengetragen hat, kommt zu der Annahme, dass es eine Kohlenr oxydspezifität im Vergiftungsbild und dabei wieder eine nach den
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Symptomen am Menschen von der akuten abgrenzbare chronische Vergiftung gibt. Gewöhnung wird von Petry und Lilienthal angenommen.
Auch nach Kohlendioxydvergiftung wurden eigenartige Vergiftungsbilder gefunden, die auf eine spezifische zentrale Wirkung dieses Gases hinweisen. Beim Menschen steht die narkotische Wirkung im Vordergrund (11). Sonst liegen in erster Linie interessante Versuche an Insekten vor, wo Seidenraupen z. B. ein ,, auffällig verändertes Spinnverhalten“ zeigten (12), ohne dass dabei Störungen in der körperlichen Entwicklung (Verpuppung, Ausreifung) auftraten (13) und Bienen nach einer Kohlendioxydnarkose als Königinnen früher .zur Eiablage schritten (14), als Arbeiterinnen ,, tiefgehende und nachhaltige Veränderungen “ im Verhalten zeigten (kein Pollensammeln mehr : 15, 16, 17), Veränderungen, die nach Meinung der meisten Autoren mit der Kohlendioxydwirkung ursächlich Zusammenhängen. Auch hier scheint die mehrmalige, in zeitlichem Abstand durchgeführte Behandlung mit dem Gas eine andere Wirkung als die einmalige Vergiftung zu haben (17).
Sämtliche Veränderungen deuten darauf hin, dass das ZNS die wichtigste Rolle bei der Giftwirkung spielt. Die Änderung in der Bewegungsform der Seidenraupe, im Verhalten der Arbeiterbiene sind wahrscheinlich zentralnervös bedingt. Ebenso ist das typische Vergiftungsbild nach Kohlenoxydeinwirkung am Menschen (4) mit vorwiegend subjektiven Symptomen, toxischen Psychosen, Reflexstörungen und Funktionsbeeinträchtigungen der Hirnnerven am besten durch eine Schädigung des ZNS zu erklären.
Die von Peters und Witt (18) eingeführte und von Witt (19) durch Prüfung einer Anzahl zentralnervös angreifender Substanzen ausgebaute Methode der Kontrolle des Netzbaues der Spinne unter der Einwirkung von Substanzen schien mir geeignet, die Frage der Kohlenoxyd- und Kohlendioxydvergiftung neu zu überprüfen. Ein Mal hat sich der Netzbau — eine. komplexe, vorwiegend nervös gesteuerte Funktion — als sehr feines Reagens auf zentralnervöse Störungen erwiesen (20). Dazu gibt das fertige Netz als abbildbarer und messbarer Niederschlag eines Bewegungsablaufes ein objektives Bild der Störung. Der normale Netzbau ist recht gut bekannt, und viele Substanzen wie Mezkalin, d- Lysergsäurediäthylamid, Haschisch und Adrenochrom (19), die am ZNS des Menschen und der höheren Tiere differenziert angreifen, lassen ihre Wirkung auf den Spinnennetzbau deutlich erkennen. Daraus lässt sich die Vermutung ableiten, dass das für gleiche Substanzen empfindliche ZNS der Spinne chemisch Parallelen zum ZNS der höheren Tiere zeigt. Der diffus in der Blutflüssigkeit verteilte, kupferhaltige, sauer-
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stoffübertragende Farbstoff Haemocyanin (21) geht mit Kohlenoxyd ebenso wie Haemoglobin eine Verbindung ein (22), sodass das gewählte Modell Spinne in interessanten Punkten mit höheren Tieren in Bezug auf die Kohlenoxyd- und Kohlendioxydvergiftung vergleichbar erscheint. Zusätzlich lässt sich diese Vergiftung nun hier objektivieren, was zum Beispiel beim Menschen mit den im Vordergrund stehenden subjektiven Vergiftungssymptomen der chronischen Kohlenoxyd Vergiftung (4) schwer fällt.
Deshalb wurde die Wirkung einer akuten Vergiftung mit Kohlenoxyd und Kohlendioxyd auf das Netzbauverhalten und ausserdem die wiederholte Kohlenoxydvergiftung mit der Spinnenmethode untersucht, und die Symptomatologie und tödliche Dosis besonders auch im Hinblick auf die Frage einer eventuellen Gewöhnung klarzustellen versucht. Eine Übertragung der Ergebnisse von der Spinne auf höhere Tiere ist natürlich nur mit Einschränkungen möglich.
Methodik
Der Spinnentest wurde so durchgeführt, wie er von Peters, Witt und Wolff (23) und Wolff und Hempel (24) beschrieben worden ist. Im Folgenden fasse ich nur die wichtigsten methodischen Angaben noch ein Mal zusammen :
Als Versuchstiere dienten Weibchen der Radnetzspinne Zilla-v-notata CI., deren Netz sich von dem nahezu allseitig symmetrischen Radnetz der Kreuzspinne durch einen im Spiralbau ausgesparten freien Sektor unterscheidet, der vom ,, Signalfaden “ (Abb. i) durchzogen wird. Am peripheren Ende des Signalfadens hat die Spinne ihren ,, Schlupfwinkel “ (Abb. i), in dem sie bleibt, auch wenn das Netz zerschnitten wird, und bei geeigneter Behandlung baut sie vom Schlupfwinkel aus täglich ein neues Netz. Das Verständnis für die Bedeutung der Netzteile setzt die Kenntnis ihrer Entstehung, des Netzbaues, voraus. Dieser ist bei Schwarz (25) näher beschrieben. Hier ist nur eine Abbildung (1) mit der Bezeichnung der einzelnen Netzteile eingefügt. Der Schlupfwinkel lag bei mir immer in der Ecke eines Holzrahmens, Luftfeuchtigkeit, Temperatur, Licht und Nahrung (Drosophila) wurden so gehalten, dass die günstigsten Bedingungen für einen täglichen Netzbau in den frühen Morgenstunden gegeben waren.
Die fertigen Netze wurden am Morgen mit Ammoniumchlorid leicht beräuchert und bei seitlicher Beleuchtung vor einem dunklen Hintergrund proportionsgerecht photographiert. Ein am Holzrahmen be-
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festigter Masstab gelangte ebenfalls zur Abbildung auf der Photographie, sodass die ursprüngliche Grösse der Masszahlen des Netzes im Vergleich mit dem Masstab vom Negativ wieder rekonstruiert werden konnte. Durch einen Projektionsapparat brachte ich das Negativ auf einer Mattscheibe zur Abbildung, worauf ich das Netz in seinen Proportionen vermessen konnte.
Abb. i
Unbeeinflusstes Netz von Zilla-x-notata CI. mit Bezeichnung der Netzteile, die im Text erwähnt werden (Etwa 1/4 der natürlichen Grösse).
Durch tägliches Photographieren und Vergleich vieler hintereinander gebauter Netze der gleichen Spinne ersieht man, ob eine Substanzwirkung an einem bestimmten Tage eingetreten ist oder nicht.
Folgende Proportionen wurden vermessen :
1) Grösse der Fang fläche
Mit einem Planimeter wird entlang dem äussersten Spiralfaden mit kürzester Überquerung des freien Sektors (gepunktete Linie Abb. 2) drei Mal herumgefahren und der Mittelwert aus den drei Messungen verwendet.
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2) Das Verhältnis Länge zu Breite der Fangfläche :
Es wird als Quotient aus dem Verhältnis der Masse der senkrechten und wagerechten Achse der vom äussersten Spiralfaden begrenzten Fläche berechnet.
Abb. 2
Unbeeinflusstes Netz von Zilla-v-notata CI., in das die zum Messen verwendeten Linien weiss eingezeichnet sind.
…..Umriss der Fangfläche,
– ——– Nabensymmetrie,
– Winkel zwischen Radien (a. ß. y…).
3) Die Winkelregelmässigkeit :
In der Nabe wird ein Zentrum willkürlich gewählt, dieses in Geraden mit den Ansatzpunkten der Radien am Rahmen verbunden und der Mittelwert der Differenzen der dadurch entstandenen Nachbarwinkel (a, ß, y etc. Abb. 2) gebildet.
4) Die Nabensymmetrie :
Durch Verlängerung des Signalfadens vom Schlupfwinkel über die Nabe (a) zum gegenüberliegenden äussersten Spiralumgang (b, Abb. 2, gestrichelte Linie) werden zwei Masszahlen erhalten, deren Quotient
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die Lage der Nabe in der Netzfläche und im Verhältnis zum Schlupfwinkel charaktierisiert.
Die Applikation der Gase erfolgte in einem luftdicht verschliessbaren Plexiglascylinder mit oben und unten einmündenden Zuleitungsrohren, wie es von Schwarz (25) beschrieben worden ist. Das Kohlendioxyd wurde aus einer Pressflasche bezogen und durch einen Mc Kesson-Narkoseapparat (x) im gewünschten Verhältnis mit Sauerstoff gemischt. Das Leuchtgas bezog ich aus der Leitung der Städtischen Gaswerke Bern, die uns folgende Analysendaten bekannt gaben :
CO 16,7 % (13,7)■ CO2 4,6 % (4,3), 02 0,7 % (0,3), N2 8,0 % (14), H2 50 % (48), CH4 17,9 % (17,7), C„H„ 2,0 %. Die Zahlen beziehen sich auf März 1955 == Anfang der Versuche bzw. (die Zahlen in Klammern) auf September 1955 = Ende der Versuche.
Der zur Kontrolle des Verhaltens der Spinnen benützte Fresstest bestand darin, dass der Spinne eine lebende Fliege ins Netz gehängt wurde. Sein Verlauf wird im Folgenden als ,, positiv “ bezeichnet, wenn die Spinne — wie üblich —- herausstürzt, die Fliege beisst, einwickelt und in den Schlupfwinkel abtransportiert. Sein „ negativer “ Verlauf wurde von mir als Zeichen dafür gewertet, dass die Spinne entweder die durch die Beute hervorgerufene Erschütterung nicht bemerkte oder unfähig war, die Beute in der gewohnten Weise zu verwerten.
Ergebnisse der Versuche mit Kohlenoxyd
Für die Kohlenoxydversuche wurden einerseits Jungspinnen verwendet, da der Einfluss des Gases auf Überlebenszeit und Wachstum von Interesse erschien, andererseits erwachsene, täglich Netze bauende Spinnenweibchen, die dem Gas ein oder mehrere Male ausgesetzt wurden. Verhalten, Überlebenszeit und Netzbau wurde bei ihnen registriert.
2 junge Spinnen wurden 60 min. in 100 % Leuchtgas belassen. Beim Herausnehmen wareii beide reglos, eine erholte sich und entwickelte sich in den darauffolgenden Wochen normal weiter, eine ging zu Grunde.
4 junge Spinnen wurden an 10 aufeinanderfolgenden Tagen je 5 min. 100 % Leuchtgas ausgesetzt. 3,5 bis 4 min. nach Einsetzen in die Gasatmosphäre zeigten die Tiere Erregung, dann unkoordinierte Bewegungen, bis sie endlich reglos am Boden liegen blieben. Jeweils 30 min. nach Verbringen in frische Luft erholten sich die Tiere voll-
(*) Der Narkoseapparat wurde uns in entgegenkommender Weise von der Finna Carba A. G. Bern — Liebefeld zur Verfügung gestellt.
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ständig. Am 3. Vergiftungstag setzte die Erregung später ein (nach 4,5 min.), am 5. Tag wurde nur noch bei zwei Spinnen Unruhe beobachtet, am 6. Tag waren alle Tiere sogleich nach dem Herausnehmen wieder bewegungsfähig, am 9. Tag wurden in den Gläsern Netze beobachtet. Am ai. Tag nach Beendigung der Versuche waren noch 3 Tiere am Leben (eines war durch Verschulden Dritter zerdrückt worden) und bauten Netze. Die Gewichte betrugen 0,5 3,6 bzw.
4.7 mg, im Durchschnitt also 2,93 mg.
4 junge Spinnen wurden an 10 aufeinanderfolgenden Tagen je 10 min. 100 % Leuchtgas ausgesetzt. Sie verhielten sich am Anfang wie die oben geschilderten. Am 5. Tag konnte nur noch bei 2 Tieren Erregung beobachtet werden, die Erholungszeit war kürzer, der Beobachter hatte den deutlichen Eindruck einer geringeren Wirkung des Gases. Am 6. Tag wurden alle Tiere völlig reglos, zum Unterschied von den 5 min. Tieren. Der Netzbau zwischen den Vergiftungen erschien normal, wurde aber nicht photographiert; die Gewichte nach 3 Wochen betrugen
5.8 7,8 bzw. 8,0 mg, im Durchschnitt 7,2 mg. (Ein Tier wurde versehentlich zerdrückt). Während der nachfolgenden Wochen wurde normaler Netzbau beobachtet und photographiert.
Die Gewichte von 4 Kontrollspinnen, die gleichalt waren und gleich ernährt worden waren, aber keiner Vergiftung ausgesetzt worden waren, betrugen am gleichen Tage 5,8 5,6 bzw. 2,8 mg, im Mittel 4,80 mg. Der Unterschied der beiden am weitesten voneinander abweichenden Gewichtsgruppen ist mit T = 2,9605 mit P 0,043 nicht gesichert, beruht also bei dieser kleinen Versuchszahl wohl auf Zufall.
Bestimmung der tödlichen Kohlenoxyddosis an erwachsenen Spinnen : Der Plexiglascylinder wurde mit 100 % Leuchtgas gefüllt und die Spinnen in Glasröhrchen, die beiderseits mit einer Schicht Gase verschlossen waren, einzeln hineingelegt. Drei eine Stunde darin gelassene Tiere zeigten, nach anfänglicher Unruhe, Rückenlage. Keines der drei Tiere überlebte den Versuch. Drei andere, eine halbe Stunde auf gleiche Weise behandelte Spinnen überlebten alle. Von drei weiteren Spinnen, die eine dreiviertel Stunde in Leuchtgas 100 % gelassen wurden, überlebten zwei. Zur Kontrolle wurde mit drei anderen Spinnen einige Tage später der gleiche Versuch wiederholt, und es überlebten wieder zwei Spinnen, eine starb. Bei einer der eine dreiviertel Stunde in Leuchtgas überlebenden Spinnen konnte nachher normaler Netzbau beobachtet werden. Damit liegt die LD50 für erwachsene Spinnen zwischen 45 und 60 min. in 100 % Leuchtgas.
Vergiftungsbild und Wirkung auf den Netzbau einer einmaligen Gabe von Kohlenoxyd :
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S Spinnen mit Rahmen und Netzen wurden in den mit ioo % Leuchtgas gefüllten Plexiglascylinder gebracht, dieser verschlossen und zur Vertreibung dabei eingedrungener Luft noch 2 min. lang Leuchtgas nachgefüllt. Die Spinnen blieben 10 min. lang in der Gasatmosphäre, wobei folgende Erscheinungen beobachtet wurden : nach 3,5 min. verlassen 2 Tiere ihren Schlupfwinkel und beginnen am Rahmen umherzuwandern. Die Bewegungen erscheinen ziellos und kraftlos. Eine Spinne bleibt im Schlupfwinkel und ist während des ganzen Versuches nicht zu sehen. Eine fällt nach 7 min. aus dem Netz auf den Boden des Cylinders, kriecht kurze Zeit dort umher, um dann reglos liegen zu bleiben. Eine lässt sich an einem Faden aus dem Netz langsam zu Boden, kehrt etwas später wieder ins Netz zurück, wo sie sich festhängt und reglos bleibt. Die am Rahmen ziellos umherwandernden Spinnen bleiben inzwischen auch dort reglos sitzen. Nach 10 min. werden die Rahmen aus dem Gas genommen, und 1,5 bis 3 min. später kann man Erholung beobachten; die Spinnen laufen in ihre Schlupfwinkel zurück. Nach 30 min. verläuft der Fresstest positiv, nur zwei Spinnen können, nach normalem Auffinden, Beissen und Einwickeln der Beute ihre Schlupfwinkel nicht wiederfinden. Sie suchen an der falschen Seite des Netzes am Rahmen. Nach einer bzw. 1,25 Stunden finden die beiden Tiere endlich ihre alten Schlupfwinkel wieder.
Tabelle I
Mittelwerte der Masszahlen von Netzen dreier gleichbehandelter Spinnen, ein Versuch entspricht Abbildung 3. Die Masszahlen wurden für jedes Netz einzeln ermittelt, und das arithmetische Mittel von 3 Zahlen entsprechender Netze in die Tabelle eingesetzt
Spinne Nr 92, 79, 86 | Septe | mber | ||||||
5 | 6 | 7 | 8 | 9 | IO II | 15 | ||
Netzgrösse | 377,7 | 275,04 | 258,3 | 305,9 | 234,04 | 217,23 | 236,4 | 205,3 |
Länge/Breite | I>33 | i,35 | 1,19 | I,II | 1,39 | i,37 | 1,28 | 1,12 |
Winkelregel
mässigkeit |
1,66 | 1,12 | 1,82 | 2,11 | 1,77 | 2,43 | 2,63 | 1,56 |
Nabensym
metrie |
1,01 | 0,73 | 0,91 | 0,84 | 0,93 | o,77 | 0,8l | 0,75 |
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Eine Spinne lief am darauffolgenden Tage weg, drei wurden weitere 10 Tage beobachtet. Über ihre Netze und deren Proportionen geben Abb. 3 und Tabelle I Auskunft. 4 weitere Spinnen wurden später wiederholt dem Gas ausgesetzt, über sie wird weiter unten berichtet werden. Eine Spinne war ein Männchen, dessen Netzbau zu unregelmässig erfolgte, um zur Auswertung verwendet werden zu können.
Die Wirkung wiederholter Kohlenoxydgabe auf erwachsene Spinnen : 3 Spinnen wurde auf die oben beschriebene Weise 6 Tage hintereinander je 10 min. Leuchtgas appliziert, eine Menge, die bei ununterbrochener Applikation ihren Tod bewirkt haben würde, Sie verhielten sich tägliche gleich, wie es bei der einmaligen Vergiftung beschrieben worden ist, erholten sich nach jedem Versuch vollständig und zeigten keine Anzeichen von erhöhter Empfindlichkeit gegenüber dem Gas im Laufe der Versuche. Der Fresstest verlief täglich positiv. Es fiel besonders auf, dass das grösste Tier jeweils am raschesten vergiftet wurde, sich auch rascher erholte, das kleinste am langsamsten. Die Zeiten, die für jedes Tier bis zum Eintritt der Reglosigkeit und nachherigen Erholung charakteristisch waren, veränderten sich im Laufe der wiederholten Applikationen nicht messbar. Über den Netzbau während der ganzen Zeit und nachfolgende Kontrollzeit geben Abbildung 4 und
Tabelle II
Mittelwerte der Masszahlen der Netze dreier gleichbehandelter Spinnen, die Versuche entsprechen der Abbildung 4
Spinne Nr 14, 65, 88 | September | |||||||
5 | 6 | 7 | 8 | 9 | 10 | 11 | 15 | |
Netzgrösse | 398,8 | 301,3. | 233,5 | 324,9 | 217,6 | —
219,4 |
240,8 | 221,5 |
Länge/Breite
— |
x»49
— |
1,28 | 1,64 | 1,46 | i,43 | 1,48 | i>53 | 1,26 |
Winkelregel
mässigkeit |
1,84 | 1,90 | 2,97 | 2,19 | 2,40 | 2,50 | 2,19 | 2,03 |
Naben symmetric | i,44 | o,93 | 1,70 | 1,03 | 0,91 | 0,90 | 0,79 | 1,05 |
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Tabelle II Auskunft. Alle darin enthaltenen Daten sprechen dafür, dass wir es hier mit einer wiederholten akuten, nicht mit einer chronischen Vergiftung zu tun haben.
Ergebnisse der Kohlendioxydversuche
Die Kohlendioxydversuche wurden ausschliesslich im Winter mit erwachsenen, im Laboratorium gezüchteten Spinnen durchgeführt. Erfahrungsgemäss bauen diese Tiere seltener als die Sommerspinnen, sodass die bei ihnen beobachtete Netzbauhäufigkeit keine Schlüsse auf entsprechende Wirkungen des Gases zulässt. Sonst ist ihr Netzbauverhalten normal, und die Masse unterscheiden sich nicht wesentlich von denen der Sommerspinnennetze.
a b c
Abb. 5
a) Spinne 3 baute am 4. 3. 55 dieses Netz. Am 4. und 5.3. Abends erhielt sie 20 min. lang je 60 % C02 und 40 % 02.
b) Nach 2 Tagen Pause baute Spinne 3 am 7. 3. 55 nur einige Fäden.
c) Am 8. 3. 55 baute Spinne 3 dies regelmässige Netz.
Spinne i erhielt 20 min. lang 40 % C02 und 60 % 02. Sie blieb reglos im Schlupfwinkel. 30 min. später verlief der Fresstest negativ. Am folgenden Tage hatte das Tier ein unverändertes Netz gebaut. Nachdem sie abermals C02/02 Gemisch in gleicher Dosierung erhalten hatte, war das folgende Netz wieder regelmässig, nur etwas kleiner.
Spinne 2 wurde gleich wie 1 behandelt. Sie unterbrach den Netzbau für 10 Tage, baute dann wieder ein normales Netz.
Spinne 3 erhielt eine höhere Dosis, nämlich 20 min. lang 60 % C02 und 40 % 02 zwei Mal im Abstand von 24 Stunden. Sie unterbrach den Netzbau für 2 Tage, baute dann nur einige Fäden und schliess-
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:SS
Tabelle III
Übersicht über die Versuche an netzbauenden Spinnen mit Kohlendioxyd
Spinne | % co2 | % o2 | Zeit
min. |
Datum d. Applikat. | Netzbau am |
1 | 40 | 60 | 20 | 5. & 6. III | 5., 6., 7.III.55 |
2 | 40 | 60 | 20 | 5. in. | 5., 16. III. 55. |
3 | 60 | 40 | 20 | 4- & 5- HI. | 4., (7.), 8. III. 55 |
4 | 100 | — | 10 | 4. & 5- HI. | 4., 13., 16. II®. 55 |
5 | 100 | — | 15 | 7.III. | 7., 9. III. 55 |
6 | 100 | — | 15 | 7. III. | 7-, 16. III. 55 |
Tabelle IV
Masszahlen der Netze, die vor und nach der Applikation von Kohlendioxyd gebaut wurden
Spinne | Datum des Netzbaues | Grösse der Fangfläche | Winkelregel- Nabensym-Länge/Breite mässigkeit metrie |
i | 5. HI. 55 | io7,6 | °,7 4,7 i |
6.111.55 | 81,8 | °,7 4,0 0,4 | |
7. HI. 55 | 56,6 | °»9 5,4 . i | |
2 | .5.111.55 | 142,2 | |
16.III.55 | 129,3 | 1,2 3,9 0,7 | |
3 | 4. III. 55 | 232,0 | |
8.111.55 | 176,5 | *’2 3,37 0,7 | |
4 | 4-III. 55 | 176,7 | |
13. HI. 55 | 167,4 | ||
16. III. 55 | 139,6 | B 3,3 1,0 | |
5 | 7. HI. 55 | 116,8 | I.I -7 RR _ ¿ |
9. III. 55 | 224,6 | * 3,°ö 0,0 1,3 3,5 0,5 | |
6 | 7. HI. 55 | 175,6 | |
16.III.55 | 272,0 | ’ 2,44 0,5 S 2,2 0,5 |
KOHLENOXYD UND KOHLENDIOXYD
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lieh am 4. Tag ein Netz, das dem vorher gebauten, unbeeinflussten weitgehend glich (siehe Abb. 5).
Spinne 4 erhielt 2 Mal im Abstand von 24 Stunden 10 min. 100 % C02. Sie unterbrach daraufhin den Netzbau während 6 Tagen, baute dann ein regelmässiges Netz, weitere 2 Tage später wieder ein solches.
Spinne 5 und 6 erhielten je 15 min. 100 % C02. Sie unterbrachen den Netzbau einen bzw. 7 Tage, bauten danach Netze ohne auffallende Veränderungen. Der Fresstest verlief nach 30 min. negativ, 4 Stunden nach Herausnehmen aus dem Gas positiv.
1 Monat später bauten Spinnen 3, 4 und 5 täglich normale Netze.
In Tabellen III und IV sind die Versuche und Ergebnisse der Netzausmessungen zusammengestellt. Es geht daraus hervor, dass sowohl die einmalige als auch die im Abstand von 24 Stunden 2 Mal durchgeführte Kohlensäurenarkose den Netzbau und das Fressverhalten von Zilla-x-notata CI. nur vorübergehend und wohl vollständig reversibel beeinflusst, wobei allerdings einschränkend auf die geringe Zahl von 6 Versuchen hingewiesen werden muss.
Auswertung der Ergebnisse
In Beantwortung der einleitend aufgeworfenen Fragen scheint es wichtig festzustellen, dass Leuchtgas auch an Spinnen eine akute Vergiftung bewirkt. Diese äussert sich anfänglich in Unruhe und Erregung, wobei das Tier seinen Schlupfwinkel — manchmal sogar das Netz verlässt — ein sehr ungewöhnliches Verhalten. Nach einigen Minuten tritt eine Art Narkose ein, eine vollständige Reglosigkeit und Aufhebung der Reizbarkeit, die erst ca. 3 min. nach Verbringen in frische Luft abklingt. Nachfolgend lassen sich bei einem Teil der Tiere noch bis zu 1,25 Stunden lang Orientierungsstörungen nachweisen, die ähnlich denen im pränarkotischen Stadium aussehen (25), dagegen keine motorischen Störungen mehr. Beim ersten Netzbau nach der Vergiftung, etwa 10 Stunden später, zeigten sich in keinem Falle mehr auffallende Unregelmässigkeiten, einige etwas kleinere Netze, deren Auftreten aber nicht oft genug beobachtet wurde, um sie ursächlich mit dem Kohlendioxyd in Zusammenhang zu bringen. Die Erholung hält an, und auch 10 Tage später ist keine Störung im Netzbau oder Fressverhalten zu sehen. Damit scheint mir die vollständige Reversibilität der 10 min. Leuchtgasvergiftung an Spinnen sehr wahrscheinlich gemacht.
Die wiederholte Vergiftung, die so weit getrieben wurde, dass die
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akut tödliche Dosis (100 % Leuchtgas während 60 min.) auf 6 Tage verteilt eingeatmet wurde, zeigt nun bei Spinnen einige bemerkenswerte Ergebnisse : Eine Erhöhung der Empfindlichkeit tritt sicher nicht ein, wie die täglich registrierte Zeit bis zum Eintritt der Vergiftungserscheinungen, Netzbauverhalten und Fresstest beweisen. Auch die Mass-zahlen im Netz verändern sich nicht systematisch, wenn man nicht, wie oben, ein Kleinerwerden der Netze unter Kohlenoxyd vermutet. Aber auch das ist vorübergehend, wie die Nachkontrollen zeigen. Ausserdem besteht kein Unterschied zwischen den ein Mal vergifteten und den wiederholt vergifteten Tieren, sodäss das Kleinerwerden wohl eher auf einen äusseren Faktor während der Versuchsperiode (Witterung ?) zurückzuführen ist. Dagegen deuten die Versuche an jungen Spinnen darauf hin, dass eine Herabsetzung der Empfindlichkeit eintreten kann, wie es sich dort in einer Abnahme der Wirkung und Verkürzung der Erholungszeit etwa vom fünften Male an zeigte. Natürlich ist damit eine chronische Vergiftungsmöglichkeit von Spinnen nicht ausgeschlossen. Man könnte z. B. Versuche über noch längere Zeiträume und mit noch höheren Dosen durchführen. Aber die scheinbare vollständige Reversibilität der akuten Vergiftung und die ebenfalls vollständige Reversibilität der Wirkung von 6 bis xo schweren Vergiftungen, gemessen an einem so feinen Reagens wie dem Netzbau der Spinne, scheint eine solche unwahrscheinlich zu machen, und man spricht wohl hier mit méhr Recht von einer wiederholten akuten Vergiftung durch Leuchtgas bei der Spinne.
Die LD50 liegt mit 100 % Leuchtgas bei etwa 50 min. relativ hoch und scheint für junge und alte Spinnen nicht wesentlich verschieden. Während kleine Tiere und Kinder kohlenoxydempfindlicher sein sollen als Erwachsene (4), zeigt sich kein messbarer Empfindlichkeitsunterschied zwischen jungen und alten Spinnen, hingegen scheinen bei ihnen grosse Individuen rascher vergiftet zu werden als kleine. Unter Heranziehung dieser Versuchsergebnisse und der scheinbar relativ geringen Empfindlichkeit des Spinnen- ZNS für Sauerstoffmangel (Vergiftungszeit!) müssen wir die Vergleichbarkeit der Kohlenoxydvergiftung bei Spinne und höherem Tier, die auf Grunde theoretischer Überlegungen am Anfang so weit zu gehen schien, nun in wesentlichen Punkten einschränken. Dies scheint besonders bemerkenswert im Hinblick auf die eingangs diskutierte Vergleichbarkeit des kohlenoxydempfindlichen Blutfarbstoffes bei beiden und der sonstigen chemischen Ähnlichkeit des ZNS.
Das Bild der akuten Kohlendioxydvergiftung unterscheidet sich nicht wesentlich von dem der akuten Leuchtgasvergiftung, wenn auch die
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Unruhe im Anfangsstadium der Kohlendioxydvergiftung weniger im Vordergrund zu stehen scheint, die Narkose hier unmittelbar eintritt. Dabei ist mit einer narkotischen Konzentration von 40 % C02 und 60 % Oa wohl eine ausreichende Sauerstoffversorgung des ZNS gewährleistet, sodass Sauerstoffmangel kaum die Ursache für die Narkose sein kann. Besondere und nachhaltige Verhaltensveränderungen, wie sie einleitend béi den Seidenraupen nach einmaliger und bei Bienen nach zweimaliger Einwirkung von Kohlendioxyd beschrieben worden sind, konnten selbst bei Nachbeobachtung bis zu einem Monat an Spinnen nicht bemerkt werden. Sicher sind die Versuche an 6 Tieren nicht ausreichend, um auszusagen, dass bei Spinnen niemals eine solche Verhaltensveränderung nach Kohlendioxyd auftreten kann, aber andererseits sind die Resultate der ausführlichen Messungen so eindeutig, dass ein empfindliche? Tier, das bei einer grösseren Versuchszahl auftreten könnte, wohl nur eine seltene Ausnahme darstellen würde und damit im Prinzip an der Aussage nichts ändern würde. Dies scheint einen deutlichen Unterschied zwischen Spinnen und Insekten aufzuzeigen.
Zusammenfassung
Nach Diskussion der Problematik einer spezifischen Kohlenoxyd- und Kohlendioxydvergiftung und der Literatur über die sogenannte chronische Kohlenoxydvergiftung werden Versuche an Spinnen beschrieben, wobei sowohl das Verhalten während der Vergiftung, als auch Fressen und Netzbau nach der Vergiftung ausgewertet werden. Das akute Vergiftungsbild zeigt ein anfängliches Unruhestadium und anschliessend Narkose, und einige Zeit nach Verbringen in frische Luft lassen sich dann keine Veränderungen mehr nachweisen.
Die 6 bzw. 10 Mal wiederholte akute Vergiftung mit Leuchtgas 100 % an jungen und alten Spinnen bis zu einer Gesamtvergiftungszeit von 60 min. (= akut tödliche Dosis) hinterlässt auf die Dauer keine Schädigungen, soweit man es an Netzbau, Verhalten und Wachstum objektivieren kann, sodass Verfasser unter seinen Versuchsbedingungen keinen Anhalt für die Existenz einer sogenannten chronischen Leuchtgasvergiftung findet.
Kohlendioxyd führt, auch bei zwei im Abstand von 24 Stunden vorgenommenen Applikationen, nur zu völlig reversibler Narkose, wodurch es sich in seiner Wirkung auf Spinnen von der auf Insekten (Bienen und Seidenraupen) unterscheidet. Die Narkose tritt auch bei Beimischung von 60 % Sauerstoff auf.
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Die zahlreichen, angeführten Zahlen über Netzproportionen scheinen mir den Ergebnissen ein besonderes Gewicht zu geben.
Summary
After discussing the problems of specific carbon monoxide and carbon dioxide poisoning and literature dealing with the socalled chronic carbon monoxide poisoning, experiments on spiders are described evaluating behaviour during the period of poisoning as well as feeding and web spinning after poisoning. The acute state of poisoning is characterised by an initial stage of increased activity followed by anaesthesia; when exposure to fresh air for some time has taken place the animals recover totally.
The acute gas-poisoning repeated 6 and 10 times respectively on young and old spiders up to a total period of 60 minutes (which is the lethal dose) does not leave any irreversible damage, as far as this can be observed from web-building, behaviour and growth so that the author, given the conditions of his experiments, can see no indication for the existence of any chronic gas poisoning.
Carbon dioxide, even if applied twice, the second time after 24 hours, only produces reversible anaesthesia as opposed to the effect on insects (bees and silkworms); there is anaesthesia even if 60 % oxygen is added.
The large number of objective measurements carried out on web proportions give special weight to the results.
Herrn Prof. Dr. T. Gordonoff danke ich für die Überlassung des Themas und zahlreiche wertvolle Anregungen. Die Arbeit wurde unter- Leitung von Herrn Dr. P. N. Witt durchgeführt.
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xxi. — Jean LA BARRE, Contribution ä l’étude des propriétés pharmaco-dynamiques du chlorure de carbaminoyl-/3-méthylcholine (C. M. CH.).
I. Action du C. M. CH. sur la pression sanguine et sur les fonctions exo-et endo-pancréatiques, (8 fig.), p. 245.
xxii. — E. PHILIPPOT et J. SCHLAG, L’action des seis d’alkyltriméthyl-ammonium et d’alkyltriéthylammonium sur le potentiel de démarcation du muscle strié. With summary, (3 fig.), p. 260.
xxin. — Felix EPELBAUM, Die Wirkung akuter und chronischer Kohlenoxyd- und Kohlendioxyd-Vergiftung auf die Spinne Zilla-ic-Notata CI. und Ihren Netzbau. With summary, (5 Abb.), p. 275.
xxiv. — Walther VOGT, Zur Wirkungsweise von Darmstoff. With summary, (5 Abb.), p. 294.
xxv. — SiNiSHA B. BOGDANOVITCH, The effect of methylthiouracil on the toxicity of oxophenarsine, 307.
xxvi. — A. S. DONTAS and Mark NICKERSON, Effects of stimulants and of ganglionic blocking agents on carotid chemoreceptors, (8 fig-), p. 312.
xxvii. B- U. G. BIJLSMA, A. F. HARMS, A. B. H. FUNCKE, H. M. TER-STEEGE and W. Th. NAUTA, The pharmacology of /3-dimethylamino-ethyl-2-methylbenzhydrylether hydrochloride (BS 5930), (8 fig.), p. 332.
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